Psychotherapieverfahren
Wissenschaftlich anerkannt und von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden drei Hauptverfahren der Psychotherapie: Psychodynamische Therapie, Verhaltenstherapie und Systemische Therapie. Die psychodynamische Therapie gliedert sich wiederum in Psychoanalyse und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie.
A) Psychodynamische Therapien
Kennzeichnend für die psychodynamischen Psychotherapieverfahren (Psychoanalyse und Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) ist das klärungsorientierte, motivationszentrierte Vorgehen. Es werden nicht die Probleme und Symptome als Ausgangspunkt gewählt, sondern der Schwerpunkt der Therapie besteht in der Untersuchung und Aufdeckung des Hintergrundes der Probleme, also der tieferen seelischen Ursachen und Konflikte, die zu den Problemen und Symptomen geführt haben. Durch die Aufdeckung dieser Ursachen verändert sich das Bild, welches ein Mensch von sich selbst hat und seine Einstellung zu sich selbst und zu anderen. Durch die Veränderungen der inneren Einstellungen verändert sich ebenfalls das problematische Verhalten und die Symptomatik.
(1) Psychoanalyse: Das klärungsorientierte, motivationszentrierte Vorgehen bildet in der Psychoanalyse den Schwerpunkt. Durch eine höhere wöchentliche Stundenzahl (2-3) und eine längere Therapiedauer entsteht die Möglichkeit für einen Patienten, sich einem Therapeuten auf eine sehr umfassende Weise anzuvertrauen. Dadurch entsteht eine intensivere therapeutische Beziehung als in anderen Therapieverfahren, so dass es möglich wird, sehr grundlegende Aspekte der eigenen Persönlichkeit emotional neu zu erleben und in einem längeren Prozess zu verändern. Mit der Veränderung der Persönlichkeit verändert sich ebenfalls das problematische Verhalten und die jeweilige Symptomatik.
Psychoanalyse wird in der Regel bis zu 160, maximal 300 Stunden von den Krankenkassen bezahlt. Sie wird wiederum in zwei Formen durchgeführt, die sich nach den Möglichkeiten und Problemen eines Patienten richten: Entweder als analytische Psychotherapie im Liegen mit drei Therapiestunden wöchentlich oder als modifizierte analytische Psychotherapie mit zwei Wochenstunden im Gegenübersitzen.
(2) Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie: Es handelt sich um ein modifiziertes, kürzeres psychoanalytisches Therapieverfahren, das bei begrenzterer Zielsetzung, als es die Veränderung der Persönlichkeit ist, sinnvoll ist. Durch die Konzentration auf wenige zentrale Problembereiche sind auch in mittleren Zeiträume gute Ergebnisse erreichbar. Obwohl der Schwerpunkt in der Therapie weiterhin klärungsorientiert und motivationszentriert bleibt, werden ergänzend auch lösungsorientierte, problemzentrierte therapeutische Strategien eingesetzt, so dass die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie bei begrenzterer Zielsetzung eine mittlere Position bei den unterschiedlichen therapeutischen Strategien einnimmt.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wird in der Regel bis zu 60, maximal 100 Stunden von den Krankenkassen bezahlt. Die Therapie findet in der Regel im Gegenübersitzen mit einer Wochenstunde statt.
B) Verhaltenstherapie
Kennzeichnend für die Verhaltenstherapie, die auch als kognitiv-behaviorale Therapie bezeichnet wird, ist das lösungsorientierte, störungszentrierte Vorgehen. Es werden die jeweiligen Probleme oder Symptome als Ausgangspunkt gewählt, um möglichst direkt zu den erwünschten Therapiezielen zu gelangen. Der Therapeut unterstützt den Patienten dabei, die auf diesem Weg auftretenden Schwierigkeiten zu überwinden und sich aktiv mit seinen Schwierigkeiten auseinanderzusetzen. Verhaltenstherapie beschränkt sich nicht nur auf die Veränderung von Verhalten, sondern schließt auch die Veränderung problematischer Denkmuster mit ein, wodurch auch Gefühlsreaktionen verändert werden können.
Verhaltenstherapie wird in der Regel bis zu 60, maximal 80 Stunden von den Krankenkassen bezahlt. In der Regel findet die Therapie im Gegenübersitzen mit einer Therapiesitzung pro Woche statt. Je nach Störungsbild können auch - nach entsprechender Vorbereitung - mehrere Therapiestunden hintereinander an Orten oder Situationen, in denen die Symptomatik besonders schwerwiegend ist, durchgeführt werden (z.B. bei manchen Angststörungen oder bei Zwängen).
C) Systemische Therapie
Die systemische Therapie versteht psychische Störungen unter besonderer Berücksichtigung von Beziehungen. Neben der Sicht auf Belastendes stehen die Nutzung eigener Kompetenzen und Fähigkeiten eines Patienten bzw. seines Umfeldes im Mittelpunkt. Ziel ist es, symptomfördernde Verhaltensweisen, Interaktionsmuster und Bewertungen umwandeln zu helfen und neue, gesundheitsförderliche Lösungsansätze zu entwickeln. In die Therapie können Lebenspartner oder andere wichtige Bezugspersonen einbezogen werden. Die Systemische Therapie im Mehrpersonensetting, die dann beispielsweise gemeinsam mit der Kernfamilie oder der erweiterten Familie stattfindet, nutzt die Angehörigen als Ressource für die Behandlung und die Veränderung von bedeutsamen Beziehungen und Interaktionen.
Anwendungsformen der Psychotherapieverfahren
Kurzzeittherapie, Einzeltherapie, Gruppentherapie, Familientherapie, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie sind keine eigenständigen Psychotherapieverfahren, sondern Anwendungsformen der oben beschriebenen Hauptverfahren in unterschiedlichen Rahmenbedingungen mit unterschiedlichen Patientengruppen (z.B. verhaltenstherapeutische oder psychoanalytische Gruppentherapie oder Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie). Die genannten Anwendungsformen werden in unterschiedlichem Umfang auch von den Krankenkassen bezahlt.
Wirksamkeit von Psychotherapie
Die Wirksamkeit von Psychotherapie ist insgesamt wissenschaftlich zweifelsfrei nachgewiesen. Allerdings können Psychotherapien auch aufgrund einer Vielzahl von Umständen misslingen und erreichen dann nicht die angestrebten Ziele.